Cardillac
Paul Hindemith
Oper in drei Akten / Text von Ferdinand Lion nach E.T.A. Hoffmanns „Das Fräulein von Scuderi“ / In deutscher Sprache
Inhalt
Eine mysteriöse Mordserie lässt der Stadtbevölkerung den Atem stocken. Der Mörder bleibt lange unentdeckt, einzig ein Element verbindet die Untaten miteinander und führt so die Spur auf den Künstler Cardillac, den besten Goldschmied der Stadt: Alle Opfer hatten unmittelbar vor ihrem Ableben eines der begehrten goldenen Werke des Kunsthandwerkers gekauft. Bei den Leichen fehlt jedoch jede Spur von der kostbaren Ware, deren Wert und Popularität mit jedem Verbrechen steigt...
Paul Hindemiths erste abendfüllende Oper wurde 1926 in der Dresdner Semperoper uraufgeführt. E. T. A. Hoffmanns Kriminalnovelle „Das Fräulein von Scuderi“, die um 1820 in seinem Zyklus „Die Serapionsbrüder“ erschienen ist und ebenso auf historische Figuren zurückgeht, diente dem Komponisten und seinem Librettisten Ferdinand Lion als Vorlage. Nach Hoffmanns Novelle ist das sogenannte Cardillac-Syndrom in der Psychologie benannt. Es beschreibt die krankhafte Unfähigkeit eines Künstlers, sich von seinen Werken, also seinen kreativen Schöpfungen, in die er viel von seiner Persönlichkeit und seiner künstlerischen Stimme gelegt hat, trennen zu können. Es wird gemunkelt, dass die Figur Cardillac nach dem Vorbild des italienischen Bildhauers und Goldschmieds Benvenuto Cellini aus dem 16. Jahrhundert kreiert wurde, eine sagenumwobene Künstlerpersönlichkeit.
Paul Hindemiths (1895 – 1963) „Cardillac“ von 1926 gilt als Hauptwerk der Neuen Sachlichkeit. Auf musikalische Strukturelemente wie die Arie, das Duett und Ensemble, den Kanon, die Fuge oder die Variation greift er als Reminiszenz auf
das 18. Jahrhundert zurück. Als einer der Begründer der Moderne in der Musik interpretiert er das Wort-Ton-Verhältnis jedoch völlig neu, sachlich, objektiv, wie in einem Krimi.
Amélie Niermeyer, gefragte Regisseurin u. a. am Residenztheater und der Staatsoper München sowie dem Theater an der Wien, hat am Salzburger Landestheater bereits die vielbeachteten Opernproduktionen „Stormy Interlude“, „Wozzeck“ und „Rigoletto“ inszeniert. Der Musikalische Leiter Robin Davis, neuer Erster Kapellmeister des Landestheaters, war zuvor u. a. als Kapellmeister und Assistent des Generalmusikdirektors am Oldenburgischen Staatstheater und als Erster Kapellmeister und Studienleiter am Theater Lüneburg tätig.
Dauer: ca. 1 h 35 min / ohne Pause
Pressestimmen
Schwarz ist die Farbe der Künstler. Aber Blut ist die Farbe des Golds. Dem Salzburger Landestheater gelingt eine starke Opernproduktion.
Goethe wusste es: „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles.“ Also ist es gar nicht abwegig, den gleich am Anfang groß herausgestellten Chor zu Gaffern und Kundschaft am Schmuckfashion-Laufsteg zu machen. Die Meute giert nach Sensationen – auch wenn die Geschmeide des gefeierten Meisters Cardillac gar nicht existieren, nur Schaukasten als Umrissen im coolen Neonlicht aus dem Schwarz der Bühne leuchten.
In diesem abstrakten Setting siedelt Regisseurin Amélie Niermeyer mit ihrer Ausstatterin Stefanie Seitz Paul Hindemiths 1926 uraufgeführte Oper „Cardillac“ im Salzburger Landestheater an. Die raffinierte Genauigkeit ihrer Personenführung macht ein Gutteil der suggestiven Wirkung dieser Aufführung aus.
Aber es herrscht – und das ist das nicht geringe Verdienst des jungen Ersten Kapellmeisters Robin Davis – bei weitem nicht nur Überdruck in Orchester und Korrespondenz mit der Bühne. Davis hat auch ein gutes Gespür für die feineren, quasi neo-barocken Seiten der Partitur, weiß den (holz-)Bläsern delikat zu lichten, Streicherlinien präzise zu führen. Das andere Kollektiv, der Chor, zeigt ebenso herausragend intensive Qualität.
Mit Marian Pop hat die Produktion einen so kräftig wie spielerisch baritonal fundierten Titelhelden. Berührend zeigt Anne-Fleur Werner als seine Tochter, dass sie andere, menschliche Seiten besitzt, die in dieser Kunstwelt aber fremd bleiben muss. Kristofer Lundin dreht als Offizier tenorschmetternd durchsetzungsstark auf, die kleineren Rollen sind mit Frances Pappas und Franz Supper perfekt, mit Raimundas Juzuitis und George Humphreys deutlich und präsent besetzt. Das Premierenpublikum jubelte begeistert.“
Er findet, seine begehrten Schmuckstücke sind „zu schön für Menschenaugen“. Deshalb ermordert er jene, die eins erworben haben, um es wieder in seinen Besitz zu bringen: Paul Hindemiths selten gespielte Oper „Cardillac“ ist am Salzburger Landestheater in der Inszenierung von Amélie Niermeyer ein großer Erfolg.
Sie fand ein schlüssiges Konzept, indem sie sich auf wechselseitigen Wirkungen von Kunst, Besessenheit, Genie, Irrsinn, Wahn sowie Verherrlichung, Sensationsgier, Verdammung konzentrierte. Kein romantisches Mördermärchen, sondern das Aufspannen sozialen, gesellschaftlichen und individuellen Irrwitzes.
Herausragend gut: Anne-Fleur Werner als Tochter. Souverän und brillant das Mozarteumorchester.
Hingehen, hinhören, schauen.“
Besetzung
Musikalische Leitung
Robin Davis
Inszenierung
Amélie Niermeyer
Ausstattung
Stefanie Seitz
Video
Philipp Batereau
Lichtdesign
Eduard Stipsits
Choreographie
Mirjam Klebel
Dramaturgie
Rainer Karlitschek
Tamara Yasmin Quick
Choreinstudierung
Stefan Müller
Cardillac
Marian Pop
Seine Tochter
Anne-Fleur Werner
Der Offizier
Kristofer Lundin
Steffen Fichtner
Der Goldhändler
Raimundas Juzuitis
Der Kavalier
Ks. Franz Supper
Die Dame
Frances Pappas
Der Führer der Prévoté
George Humphreys
Chor
Chor des Salzburger Landestheaters
Orchester Mozarteumorchester Salzburg