Der Kirschgarten
Anton Pawlowitsch Tschechow
Inhalt
Zum ersten Mal seit Peter Steins legendärer Inszenierung ist Tschechows bittersüße Komödie auf der Bühne des Landestheaters zu erleben. Das Meisterwerk beeindruckt mit dem leichten Tonfall des Stückes, das den Kontrast zwischen dem nostalgischen Blickwinkel auf die „gute alte Zeit“ und der Offenheit für notwendige Neuerungen der künftigen mit scharfem Blick pointiert.
Ljubow Andrejewna Ranjewskaja kehrt nach mehrjährigem Frankreich-Aufenthalt auf ihr russisches Gut zurück, das von einem riesigen Kirschgarten umgeben ist. Hoch verschuldet wird sie sich von ihrem Eigentum trennen müssen. Wissend um den baldigen Verlust des Ortes, dessen Schönheit sie überwältigt und der mit so vielen Erinnerungen verbunden ist, verbringt sie mit ihrer Familie den letzten Sommer inmitten des Kirschgartens – der am Ende für den Bau von Ferienhäusern abgeholzt werden wird.
Tschechow nennt sein Stück eine Komödie und hält der morbiden Welt des russischen Adels einen Spiegel vor, gleichzeitig lässt er den bevorstehenden Wandel der Gesellschaft durchscheinen. In einer zwischen Nostalgie und Erwartung gespannten Atmosphäre gelingt dem Autor ein Zeitgemälde, in dem individuelle und gesellschaftliche Entwicklungen eng miteinander verwoben sind. Die inneren Konflikte der Charaktere und ihre Widersprüche machen den Reiz des Stückes aus: gebrochene Figuren, deren höchst individuelle Züge der Dichter auf zugleich einfühlsame und ironische Weise zeichnet.
Anton Pawlowitsch Tschechow (1860–1904) wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und studierte dank eines Stipendiums in Moskau Medizin. Den Arztberuf übte er nur kurze Zeit aus – der Erfolg seiner Theaterstücke und Erzählungen machte ihn finanziell unabhängig. Seine Lungentuberkulose jedoch erzwang immer häufiger Aufenthalte in südlicherem Klima, sodass er auf die Krim übersiedelte und strapaziöse Reisen zur Theaterarbeit in Moskau auf sich nahm.
Alexandra Liedtke ist dem Salzburger Landestheater als Regisseurin im Musiktheater wie im Schauspiel eng verbunden. Sie arbeitete u. a. für das Theater in der Josefstadt, das Theater Kiel und die Wiener Staatsoper. In Salzburg erarbeitete sie mit Bühnenbildner Philip Rubner im Herbst 2022 die „Buddenbrooks“ als Eröffnungspremiere nach der Sanierung des Landestheaters. Philip Rubner ist derzeit Ausstattungsleiter am Deutschen Nationaltheater Weimar.
Dauer: 2 Stunden 25 Minuten / inkl. einer Pause
Pressestimmen
„Da herrscht Angst vor dem Aufbruch. Unentwegt verpassen die Figuren Chancen der Reifung, vernebeln sich stattdessen, lachend und feiernd, die „gute alte Zeit“ hochhaltend, die Realität. Theaterkönig Tschechow, ewig aktuell, bekommt in dieser Inszenierung ein funkelndes Krönchen aufgesetzt.“
„Liedtkes Inszenierung besticht durch viele kleine Aufmerksamkeiten, die jede einzelne Figur als Individuum auszeichnen. Die Realitätsverweigerung hat viele Gesichter.“
„Fesselnd werden die Konfliktfelder einer im Niedergang begriffenen Gesellschaft in klugen Dialogen nachgezeichnet. […] „Man muss die Vergangenheit besser sehen als sie war, um an der Gegenwart nicht zu verzweifeln“, legt Tschechow einer seiner Figuren in den Mund. […]Die schauspielerischen Leitungen sind herausragend.“
„Resolut überschreitet die Regisseurin Genre-Grenzen und kreierte eine Produktion, die dennoch nie die allgemein verdauliche Bodenhaftung verliert. Von tragisch-komisch über ungeschönt zu klug pointiert, dabei aber konstant gesellschaftskritisch richtete Liedke ihren Kirschgarten im zeitlosen Dazwischen ein und nimmt den Adel ins Visier. Das Resultat ist rotzig, frech und melancholisch – ohne dabei aber je sein breites Publikum aus dem Blickfeld zu verlieren.“
Audioeinführung
von Friederike Bernau
Besetzung
Inszenierung
Alexandra Liedtke
Bühne
Philip Rubner
Kostüme
Johanna Lakner
Musik
Karsten Riedel
Dramaturgie
Friederike Bernau
Lubow Andrejewna Ranjewskaja, Gutsbesitzerin
Tina Eberhardt
Anja, ihre Tochter
Leyla Bischoff
Grischa, ihr Sohn †
Emil Knam / Oskar Widmer
Warja, ihre Pflegetochter
Nikola Jaritz-Rudle
Leonid Andrejewitsch Gajew, ihr Bruder
Matthias Hermann
Jermolaj Alexejewitsch Lopachin, reicher Kaufmann, Sohn eines Bauern
Maximilian Paier
Pjotr Sergejewitsch Trofimov, Student
Gregor Schulz
Semjon Jepichodow, Gutsbesitzer
Georg Clementi
Charlotta Iwanowa, Bedienstete
Larissa Enzi
Firs, Kammerdiener, ein Greis von 87 Jahren
Marco Dott
Jascha, ein junger Diener Thomas Wegscheider