Die gut zweieinhalbstündige Strichfassung ist vernünftig, die dramaturgische Sperrigkeit mit all den ruppigen und schwer nachvollziehbaren Übergängen liegt bekanntlich am Stück selbst. […] Die meisten Bilder der Salzburger Inszenierung sind modern, eindringlich und groß. Die riesige Statisterie ist fantastisch eingesetzt – etwa in der Schlacht oder auch in der Szene am Kaiserhof. Das Regieteam hat seine Entscheidung für die (auch von den Festspielen so gut wie nie für Sprechtheater genutzte) Felsenreitschule künstlerisch begründen können.
Faust II
Der Tragödie zweiter Teil von J. W. Goethe
Inhalt
Auf den Spuren Max Reinhardts erarbeitet das Landestheater »Faust II« in der Felsenreitschule. Während in »Faust I« das Individuum im Mittelpunkt steht, ist »Faust II« das große gesellschaftliche Drama der Weltliteratur. Goethe schickt Faust und Mephisto aus der Enge der Bürgerwelt auf eine phantastisch-rastlose Reise durch Zeiten und Räume, die ganze Bühne wird Raum für Fausts Machtstreben. Atemberaubend die Aktualität der Themen: Sanierung der Staatsfinanzen durch Erfi ndung des Papiergeldes, die Erschaff ung eines künstlichen Menschen, der Gewinn neuen Lebensraumes durch Eingriff e in die Natur ...
»Faust I und Faust II« sind als aufeinander bezogene Inszenierungen angelegt und als »Faust-Marathon« an ausgewählten Abenden gemeinsam zu erleben.
Er ist ein Getriebener, ein Karrierist, ein Mensch auf der Epochenschwelle, angehaucht vom Geist des Kapitalismus und die zerrissene Gestalt einer neuen Zeit, über die Goethe 1826 schrieb: »Fausts Charakter stellt einen Mann dar, welcher den Besitz höchsten Wissens, den Genuss der schönsten Güter für unzulänglich achtet, seine Sehnsucht auch nur im mindesten zu befriedigen. Diese Gesinnung ist der modernen so analog, dass mehrere gute Köpfe die Lösung einer solchen Aufgabe zu unternehmen sich gedrängt fanden.«
Im ersten Teil verspricht Mephisto, Fausts unstillbaren Taten- und Erkenntnishunger befriedigen zu können. Faust wettet dagegen und ist bereit, ihm seine Seele zu übergeben, sollte Mephisto Recht behalten. Zusammen unternehmen sie eine Reise durch »die kleine und die große Welt«, die sie hineinführt in das Leben mit all seinen Verlockungen und Verführungen. Der zweite Teil des »Faust« gilt als eines der inhaltsreichsten Werke der Weltliteratur, als geheimnisvolles Mysterienspiel und monumentales Stationendrama des ewig suchenden Menschen. Über Gretchens Leiche führt Goethe Faust und Mephisto aus der Enge der Bürgerwelt und der Studierstube in die »große Welt", schickt sie auf eine phantastisch-rastlose Reise durch Zeiten und Räume, durch die griechische Mythologie, hinein ins Mittelalter, in die Neuzeit, in jenseitige Welten. Der Blick weitet sich vom Individuellen ins Gesellschaftliche, die ganze Welt wird Bühne für Fausts Machtstreben.
Carl Philip von Maldeghem inszeniert der Tragödie zweiten Teil in der Salzburger Felsenreitschule, die seit der berühmt gewordenen »Faust«-Inszenierung von Max Reinhardt 1933 in der »Faust-Stadt« von Clemens Holzmeister zum historischen Ort für Goethes »Faust» geworden ist. Christian Floeren setzt in seinem Bühnenbild dem berühmten Bäumchen auf der Bühne der Felsenreitschule ein liebevolles Denkmal.
Dauer: ca. 3 h \ eine Pause
DAS SALZBURGER THEATEREREIGNIS!
FAUST I UND FAUST II AN EINEM TAG
»Faust« im Doppelpack mit Kombiticket, inklusive »Faust-Menü« im Gablerbräu: 65/50 Euro
Termine: jeweils Samstag 26.10. \ 09.11. \ 16.11.2013
Pressestimmen
Tollkühn nimmt das Salzburger Landestheater den Kampf mit Goethes Riesenwerk in der imposanten Kulisse der Felsenreitschule auf. […]
Als Regisseur, der das ›Inkommensurable’ genießbar machen will, muss man sich aus der Fülle des heillos gelehrten, wundersam poetischen, oft auch urkomischen Stationendramas Episoden suchen, die Goethes »Weltgedicht« verdichten. Gleichzeitig darf man das Panorama nicht aus dem Blick lassen. Was das Panorama betrifft, bietet die Salzburger Felsenreitschule natürlich den richtigen Raum. Gleichwohl hatte es nur Max Reinhardt gewagt, »Faust I« dort anzusiedeln. (…) Carl Philip von Maldeghem, der Regie führende Intendant des Salzburger Landestheaters, nimmt es jetzt unerschrocken mit dem Goliath auf. […]
Das Landestheater hat sich mit »Faust II« in der Felsenreitschule keineswegs übernommen, sondern ein ausgiebig akklamiertes Ereignis zuwege gebracht. […] Carl Philip von Maldeghem erstellte eine kurzweilige, insgesamt dreistündige Version, die kompakt den »Höhenflügen« folgt. Damit lässt sich etwas anfangen. Christoph Wieschke (…) und Sascha Oskar Weis (…) sind ein drängend famoses Paar, welche das irre Rad rasend in Schwung hält.
Reinhardt hätte wohl auch seine Freude an dieser Produktion gehabt. Denn Maldeghem sucht das Spektakel, lässt Unmengen von Komparsen auftreten, bietet Projektionen und Feuerzauber auf; die Schauspieler Shantia Ullmann und Tim Oberließen vollbringen in schwindelnder Höhe artistische Turnübungen. […] Am stärksten ist diese Produktion jedoch, wenn die Schauspieler im Riesenraum ganz auf sich allein gestellt sind. Christoph Wieschke als unbeirrbarer Faust, Sascha Oskar Weis als lüstern-übermäßiger Mephisto, Beatrix Doderer als Helena oder Marco Dott als Marschalk haben Sprechkultur genug, um Goethes kunstvolle Verse zu beseelen – und den philosophischen Gehalt dieses Werks zu offenbaren. Schon allein deshalb darf die Faust-Mission des Landestheaters als geglückt bewertet werden.
Maldeghem mutet seinem Publikum nicht wie etwa Peter Stein zu, viele Stunden mit »Faust II« zu verbringen und möglichst nichts, was Gothe mit seiner überbordenden Phantasie eingefallen ist, zu unterschlagen. Am Werk ist ein respektables Ensemble und dazu ein Pulk aus meist jugendlichen Hilfskräften, die als Chor, als Soldaten, Elfen und noch vieles mehr agieren. Immer wieder trippeln sie von links und rechts in Scharen herein, bewegen sich in Disco-Stimmung und kommentieren das Geschehen mit Applaus und Jubelausbrüchen. […] Sascha Oskar Weis ist hier schon gelobt worden, für seine Leistung in der Tragödie erstem Teil. Seine sprecherische Leistung macht Eindruck. Mit der Art, wie er sich exzessiv bewegt und ein großes Repertoire an Gesten einsetzt, schafft er eine facettenreiche Gestalt. Christoph Wieschke als Faust spielt nicht den Übermenschen. Dieser Faust erlebt zwar Phasen des Hochgefühls, sein Versagen, sein Absturz zuletzt, sind schon immer mitgedacht.
Sensationell Sascha Oskar Weis, der als Mephisto schauspielerisch und sprachlich brilliert. Mit seinem diabolischen Charme hat er nicht nur Faust fest im Griff, auch das Publikum kann sich dieser überströmenden Energie kaum entziehen. Christoph Wieschke überzeugt als stürmisch vowärtsdrängender Faust, der keine Herausforderung auslässt, ob als Feldherr, als Unternehmer oder als Ingenieur, bevor er müde und resigniert aufgibt. […] Carl Philip von Maldeghem ist es gelungen, den schwer zugänglichen Text so heutig zu präsentieren, dass die dreistündige Aufführung wie im Fluge vergeht.
Der Regisseur bleibt bei dem überbordenden Stoff – allein Faust II hat in Goethes Original 12.111 Verse – konsequent konzis. Anders als das Mammut-Faust-Projekt von Peter Stein, bei dem einmal acht und einmal satte 14 Stunden an Sitzfleisch und Konzentration in Anspruch genommen wurden, kommt Maldeghem mit jeweils knapp drei Stunden durch. […] In der Felsenreitschule steht eindeutig der Teufel im Glitzersakko im Mittelpunkt.
Carl Philip von Maldeghem sind starke Bilder eingefallen, auch wenn gar nicht viel Bühnenbild (Christian Floeren) da ist. Klug und temporeich sind die Szenen arrangiert.
Besetzung
Inszenierung
Carl Philip von Maldeghem
Ausstattung
Christian Floeren
Dramaturgie
Friederike Bernau
Faust
Christoph Wieschke
Gretchen
Shantia Ullmann
Der Herr
Nadia Migdal
Mephisto
Sascha Oskar Weis †
Kaiser
Walter Sachers
Kanzler
Diana Marie Müller
Heermeister
Axel Meinhardt
Marschalk
Marco Dott
Baccalaureus
Tim Oberließen
Wagner
Gero Nievelstein
Homunculus
Shantia Ullmann
Erichtho
Claudia Carus
Sphinx
Walter Sachers
Peneios
Diana Marie Müller
Phorkyaden
Thales
Diana Marie Müller
Proteus
Walter Sachers
Helena
Beatrix Doderer
Panthalis
Claudia Carus
Lynkeus
Gero Nievelstein
Teufelsliebchen
Barbara Zenker
Euphorion klein
Nikolas Kendi \ Severin Mücke-Elschek
Euphorion groß
Tim Oberließen
Mädchen
Claudia Carus
Obergeneral
Axel Meinhardt
1. Kundschafter
Marco Dott
2. Kundschafter
Diana Marie Müller
Der Mangel
Claudia Carus
Die Schuld
Shantia Ullmann
Die Sorge
Beatrix Doderer
Die Not
Diana Marie Müller
Drei Engel
Claudia Carus
Marco Dott
Diana Marie Müller