»Ein »Jedermann« im ungemütlichen Salzburger Novemberwetter – das wäre sogar für die eingeschworenste Festspielgemeine eine Zumutung. So agieren jetzt Tod, Buhlschaft, Prasser und arme Leut’ nicht auf der Domtreppe, sie sind ins geheizte Landestheater umgezogen. Denn Max Reinhardt, der zusammen mit Hugo von Hofmannsthal das christliche Monumentalspektakel einst für Salzburg ausgedacht hat, ist wieder in der Stadt. Gegen mächtige Konkurrenz aus Wien und Berlin hat das örtliche Schauspielhaus den Zuschlag für die deutschsprachige Erstaufführung bekommen.
Das stück ist kein bloßes Dokudrama über das wahrlich theatralische Leben des Regisseurs Reinhardt, sondern bietet zudem ein Palimpsest, unter dem das bei den Reichen ungebrochen populäre Armutsstück aufscheint: Der reiche Mann, den der Tod beim eigenen Gastmahl abholt, schleicht sich mit Knittelversen immer wieder ins Sprechen dieser scheinbar modernen Leute ein. Da spielt der Jude Max Reinhardt dem Salzburger Fürsterzbischof Ignatius Rieder den »Jedermann« im Alleingang vor und überzeugt ihn so, die Bühne vor dem Gotteshaus fürs fahrende Volk freizugeben. Und hinten ruft schon ein Antisemit, dass dieses elende Luxustheater bald ein Ende haben wird. Am Ende ist der Sensenmann der Gauleiter.«